Die Installation Manda von Isa Rosenberger ist ab Donnerstag, den 01. Juni 2023 im Werkstattflügel im Bauhausgebäude in Dessau zu sehen. Während ihrer Bauhaus Residenz 2022 begab sich die Künstlerin mit der zeitgenössischen Tänzerin Celia Millan auf Spurensuche in das Kunstdepot des Bauhaus Dessau. Dieses wird in der neuen Arbeit zum Ort und zur Bühne der filmisch-tänzerischen Annäherung an zwei vergessene Kulturschaffende und an eine lückenhafte Geschichtsschreibung.
Zur Ausstellungseröffnung um 18 Uhr sprechen Künstlerin Isa Rosenberger, Direktorin Barbara Steiner und wiss. Mit. Torsten Blume (Stiftung Bauhaus Dessau).
Den Ausgangspunkt von Manda bildeten die Auftritte zweier Frauen am Bauhaus im Jahr 1928: der Tänzerin und Choreografin Manda von Kreibig, die mit Oskar Schlemmer den Stäbetanz am Bauhaus entwickelte, und der Schriftstellerin und Frauenrechtlerin Lu Märten (Die Künstlerin, 1919). Märten ermutigte Frauen, sich den gesellschaftlichen Hemmnissen ihres künstlerischen Tuns bewusst zu sein und selbstbestimmt zu agieren.
In Manda verwebt Isa Rosenberger ihre historische Recherche mit generellen und aktuellen Fragen nach dem Gedächtnis von Museen und ihrer Verantwortung in eben diesem Prozess der Geschichtsschreibung. Auf der historischen Bauhausbühne in Dessau gedrehte Statements von Regina Bittner, Kulturwissenschaftlerin, Kuratorin und Leiterin der Akademie der Stiftung Bauhaus Dessau und Barbara Steiner, Kunsthistorikerin, Kuratorin und Direktorin der Stiftung Bauhaus Dessau, ergänzen die Installation.
Der Titel Manda bezieht sich nicht nur auf Manda von Kreibig sondern bedeutet im Spanischen auch Vermächtnis, Legat oder Versprechen. Damit wird deutlich, dass die Auseinandersetzung mit Vergangenem für Rosenberger immer auch ein gesellschaftlicher Auftrag ist.
Ergänzt wird Manda durch eine zweite installative Arbeit Rosenbergers: Espiral verknüpft Kurt Jooss ? berühmtes Tanztheaterstück Der grüne Tisch (1932), entstanden im Kontext der Weimarer Republik und nach dem Börsenkrach 1929, mit der Weltfinanzkrise von 2007/2008.
In der Ausstellung löst sich die Trennung zwischen Kunstwerk und Trägersystemen auf; Architektur, Werk und Aufführung verzahnen sich. Holzstrukturen und Mobiliar sind sowohl Teil des jeweiligen Werks als auch gliederndes Element der Ausstellung.
Isa Rosenbergers künstlerisches Interesse ist historiografisch, nimmt sie doch die Geschichtsschreibung, ihre Verkürzungen, Ausblendungen und Umschreibungen selbst in den Blick. Mehr noch: Mit ihren filmisch-installativen Arbeiten begibt sie sich oft auf Spurensuche, um dem Verborgenen, Verdrängten und Vergessenen Raum und Sichtbarkeit zu geben. Dabei verbindet Rosenberger das Körperwissen ihrer weiblichen Protagonistinnen, deren persönliche, aber auch generationsprägende Erlebnisse mit gesellschaftspolitischen Ereignissen in Vergangenheit und Gegenwart.
Isa Rosenberger lebt und arbeitet in Wien. Sie studierte an der Universität für angewandte Kunst in Wien sowie an der Jan van Eyck Akademie in Maastricht und lehrt als Senior Lecturer an der Akademie der bildenden Künste in Wien. Sie hat ihre künstlerischen Arbeiten international in zahlreichen Gruppen- und Einzelausstellungen gezeigt, Einzelausstellungen waren u.a. in der Camera Austria in Graz, in der Bergen Kunsthall, im Skirball Cultural Center in Los Angeles, im Edith-Russ-Haus für Medienkunst in Oldenburg und in der Secession Wien zu sehen. Im Jahr 2008 erhielt sie den Otto Mauer Preis und 2012 den Outstanding Artist Award für Video- und Medienkunst.
Manda ist als Koproduktion mit dem Kunsthaus Graz entstanden. Sie wurde in der bislang umfangreichsten Ausstellung Isa Rosenbergers mit dem Titel Schatten, Lücken, Leerstellen neben sechs älteren Arbeiten im Frühjahr 2023 gezeigt.
Bildsujet: Isa Rosenberger, MANDA, 2023, Setfoto: Reinhard Mayr, Tänzerin: Celia Millan, Koproduktion von Kunsthaus Graz und Stiftung Bauhaus Dessau
Bani Abidi, EsRAP, Aziz Hazara, Lucas Odahara, Setareh Shahbazi
„Können wir uns ein Land vorstellen, dem wir alle angehören können, in dem Staatsbürgerschaft durch Taten der Liebe und Fürsorge eingefordert wird, in dem der ‚Fremde‘ in jedem von uns wohnt und der noch unbekannte, unvertraute Teil von uns und in uns ist, den wir kennenlernen wollen? Die Suche nach Wissen erfordert, dass wir den Fremden willkommen heißen und gleichzeitig uns selbst fremd werden, um uns selbst und einander wirklich kennenzulernen.“ (Vazira Fazila-Yacoobali Zamindar, Borderlanders: A Political Concept for Repair)
Wie können wir uns gleichzeitig den verschiedenen Geschichten und schwierigen Geografien zugehörig fühlen, deren Teil wir sind? Welche Praktiken des Dazugehörens würden es uns erlauben, unseren verflochtenen Unterschieden Raum zu geben? Anstatt Angst vor dem Fremden zu haben, könnte es uns nicht gerade ermöglichen, Gemeinschaften und Arten von Zuhause hervorzubringen, die wir für unser Zusammenleben in der Welt benötigen? Die Künstler_innen der Ausstellung schaffen in ihren Arbeiten Formen von Zugehörigkeit, die Sehnsucht und unsere inneren Fremden dazu einladen, ein maßgeblicher Teil des kollektiven Seins zu werden.
Ich bin anders, weil ich kann das. Stranger belongs to me ist der abschließende Teil der TAXISPALAIS-Trilogie zu Fragen des Zusammenlebens und darüber, wie wir Diskurse um mehrfache Zugehörigkeiten in Westeuropa adäquater denken und praktizieren können.
Kuratiert von Nina Tabassomi & Vazira Fazila-Yacoobali Zamindar
*Titel aus einer Songzeile von EsRAP
Visual: Ich bin anders, weil ich kann das. Stranger belongs to me, Aziz Hazara, Bow Echo in the Making, 2019, Courtesy der Künstler und Experimenter Kolkata, Foto: Zaker Mandegar